Ich führe eine Hassliebe mit Instagram. Nur zu gern klicke ich mich durch allesamt bunter Bilder alltäglicher Belanglosigkeiten, aufgehübscht mit Zierrahmen und Vintage-Filter. Doch etwas stört mich gewaltig daran. Ich werde das Gefühl nicht los, dass Instagram so furchtbar falsch ist.
Das Netzwerk funktioniert für die meisten nach einem Prinzip: Schaut her, meine Wohnung, mein Essen, meine Kleidung, mein Gesicht. Ein bisschen Humor hier, ein wenig Kultur da. Wir basteln uns das perfekte virtuelle Spiegelbild und werden zu makellosen Wesen ohne Fehler. Mit uns selbst hat das aber meist nichts mehr zu tun.
Und deswegen, denn nur so kann ich es mit mir vereinbaren, weiterhin dort Bilder zu posten, mal eine kleine Prise unausgesprochene (wenn auch hoffentlich offensichtliche) Wahrheit:
Auch ich esse nicht jeden Morgen an einem wunderschön gedeckten Frühstückstisch. In Wahrheit ist das vor mir meistens eine undefinierbare Müsli-Obst-Pampe, die aber mindestens genauso gut schmeckt, als hätte ich die Himbeeren spiralförmig auf den Teller drapiert und das Ganze #homemadegranola getauft. Nur auf dem Foto macht sie sich halt nicht schön, da hilft der Filter auch nichts mehr.
Und ich bin mir sicher, ich bin nicht die Einzige, die erst gefühlte 50 Selbstportraits aufnimmt, bevor sie sich nach langem hin und her für das eine Selfie (brr ich mag dieses Wort nicht) entscheidet, auf dem sie so natürlich und unaufgeregt aussieht.
Wenn ich lerne, dann liegt da nicht nur ein Buch mit schönen Einmerkerln auf dem Tisch. Wenn ich lerne, dann ist da mehr Bücher als Tisch, und zum Milchschaum aufschlagen habe ich dann auch keine Zeit.
Genauso ordnen sich auch meine Geburtstagsgeschenke nicht von selbst mosaikförmig auf dem Tisch an, das ist vielmehr meinem „Es sieht schön aus. Es passt farblich zusammen. ICH MUSS ES FOTOGRAFIEREN“- Reflex geschuldet. Ich habe also 10 Minuten mühsam rumsortiert, während mein Freund sich neben mir schlapp gelacht hat über den Aufwand, den ich wegen eines Handyfotos veranstalte. Dass ich dabei noch saumäßig blöd auf einem Stuhl balanciert bin, um den ganzen Ausschnitt aufs Bild zu bekommen, muss der Vollständigkeit halber wohl gesagt werden.
Vermutlich wisst ihr, wovon ich rede. Die Verlockung ist einfach zu groß, sich die eigene wunderschöne Seifenblasenwelt zu konstruieren, in der jeden Tag die Sonne scheint und frische Blumen auf dem Tisch stehen. Selbstdarstellung ist das Stichwort. Wer will schon nicht diese beschönigte, aufgehübschte Version des eigenen Ichs, ohne all die nervigen Attribute, die man im echten Leben mit sich trägt.
Und was nun tun dagegen? Ich bin für eine gute Mischung aus ein wenig Selbstironie, Medienkompetenz und alles-nicht-so-ernst-sehen. Denn das ist glaube ich mein größter Fehler. Ich sollte Instagram einfach als das akzeptieren, was es ist: Ein weiteres soziales Netzwerk, auf dem man sich mit seichten Bildern die Zeit vertreiben kann. Und seine guten Seiten hat die Fotomanie ja auch. Immerhin gibt uns Instagram die Chance, Personen zumindest zu einem gewissen Teil besser kennen zu lernen – und sei es nur der Blick in die unaufgeräumte Wohnung über die Schulter des Spiegel-Selfies.
Wider Erwarten war ich in letzter Zeit erstaunlich konsequent was die Fotoposterei betrifft. Deswegen hier die Schnappschüsse, die es nicht online geschafft haben. Alle Pendants und andere Bilder findet ihr unter instagram/_lamiranda.
Ich wünsch euch was!